Vor fünf Jahren hat er die Wahlen knapp verpasst. Diese waren nämlich kurz vor seinem 18. Geburtstag. "Das fand ich echt nicht gut", meint Raphael Klumpp. Der 22-Jährige steht im bis auf den letzten Platz besetzten Seminarraum von ebm‑papst am Hauptsitz Mulfingen (Hohenlohekreis) vor mehr als 80 Jugendlichen. Zugeschaltet von den weiteren deutschen Standorten St. Georgen und Landshut sind weitere knapp 30 junge Leute. Selbst aus Spanien hat sich jemand eingeklinkt. Schließlich geht es um ein Thema, das dem weltweit führenden Ventilatorenhersteller am Herzen liegt: Demokratie und Meinungsfreiheit. Kurz vor den Europawahlen hat die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) auf Anregung der Abteilung Kommunikation und Politik einen Workshop für Auszubildende und Studierende organisiert, in dem es um Europa, die Wahl und Fakenews ging.

Zum Auftakt stand Personalchefin Sonja Fleischer Moderator Raphael Klumpp Rede und Antwort. Als der Elektrotechnik-Student sie nach der Bedeutung von Europa fragte, erinnerte sie daran, "dass wir einen Großteil des Umsatzes in Europa machen". Aber nicht nur Binnenmarkt und Freizügigkeit ist für sie wichtig. Die EU stehe für Frieden und Stabilität. "Demokratie und Europa sind für mich direkt miteinander verbunden", ergänzt Geschäftsführer Klaus Geißdörfer. Nur gemeinsam könne Europa einen Gegenpol zu China und den USA darstellen, betont er. Sonja Fleischer stellte klar, dass "wir nicht sagen, was ihr wählen sollt", weist jedoch darauf hin, dass ebm‑papst jede Form von Extremismus ablehnt, sei es von links oder von rechts, und für Vielfalt und Inklusion im Unternehmen ist. "Jeder einzelne soll wertgeschätzt werden". Zugleich hat sie dazu aufgerufen, sich auch an den demokratischen Organen innerhalb des Unternehmens, wie dem Betriebsrat, zu beteiligen. "Wir positionieren uns klar für die Demokratie", sagt sie.

Als "unheimlich wichtig" lobt Anne Höhnel die Initiative der JAV. Diese richte sich genau an die richtige Zielgruppe, findet die 19 Jahre alte Studentin. Und der angehende Industriemechaniker Juri Kolbik findet, dass das Thema selten in der Schule behandelt werde. Auch Azubi Philipp Gahm gefällt die Veranstaltung. Gerne beteiligt er sich auch an dem Aktionstag für Demokratie und Vielfalt unter dem Motto "#IchStehAuf". Nachdem die Bosch-Stiftung Schulen aufgerufen hat, am 6. Juni um 9.30 Uhr ein Zeichen zu setzen, haben sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer als Zeichen der Solidarität im Foyer versammelt.

Ausbildungsleiter Timo Pflüger betont, dass es dem Unternehmen wichtig ist, den Nachwuchs "bestmöglich über die anstehenden Wahlen zu informieren". Grundpfeiler für gutes Zusammenleben ist für ihn das soziale Engagement. Zuvor hat Sonja Fleischer an die jungen Leute, von denen etwa die Hälfte erstmals wählen kann, appelliert: "Orientiert euch, macht euch schlau und geht wählen".

Zur Orientierung ist SWR-Journalistin Catharin Freudenberger gekommen. Sie berichtet nicht nur, wie Nachrichten entstehen, sondern stellt auch die Frage, warum Fakenews so gefährlich sind. Auch die Jugendlichen wissen, dass hier Falschmeldungen, Lügen und Gerüchte verbreitet, sowie Ängste geschürt werden. Die meisten informieren sich über Social-Media-Kanäle. "Niemand will, dass Falschmeldungen von einem kursieren", sagte Freudenberger. Sie rief dazu auf, die Quellen der Informationen nachzuprüfen, nicht gleich allem zu vertrauen, vor allem auch nicht bei Fotos und Videos. So genannte Deep Fakes seien heute leicht herzustellen. "Wir müssen alle für Demokratie kämpfen", betonte Unternehmenssprecher Hauke Hannig. "Wir müssen attraktiv sein, damit Fachkräfte und Arbeiter zu uns kommen", fügte er hinzu. Er begrüßt es, dass die JAV weitere Veranstaltungen in diesem Format für den Nachwuchs im Unternehmen plant.

Sonja Fleischer mit Moderator Raphael Klumpp

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