Mehr als 1.200 Mitarbeiter hat ebm‑papst seit Ende 2024 mit Künstlicher Intelligenz vertraut gemacht. KI-Kompetenz ist das Thema, oder AI Literacy, wie es neudeutsch heißt. Dabei profitiert das Unternehmen vom Austausch im Heilbronner KI-Innovationspark IPAI, wo unter anderem mit Bechtle die Implementierung des Microsoft Copilot optimiert wurde.

Das Ziel ist: ebm‑papst-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter sollen verstehen, was mit den Daten passiert, die von verschiedenen KI-Anwendungen genutzt werden. Sie sollen verantwortungsvoll damit umgehen und dazu beitragen, die Produktivität des Unternehmens zu steigern. Am Ende sollen weltweit alle 6.000 Mitarbeiter, die bei ebm‑papst an Rechnern arbeiten, geschult worden sein. Damit erfüllt ebm‑papst auch die Anforderungen der europäischen KI-Richtlinie, besser bekannt als AI Act.

Öffentlich weitgehend unbeachtet gilt seit Februar 2025 Artikel 4 des AI Acts. Dieser sieht vor, dass alle Unternehmen, die an und mit KI arbeiten, die Kompetenz ihrer Mitarbeiter im Umgang mit der neuen Technologie sicherstellen müssen. „Es ist eine dieser Regelungen, die vermeintlich wie zusätzliche Bürokratie wirken, die aber letztlich nur eine Selbstverständlichkeit formulieren“, so die Einschätzung von Eric Martin, Head of AI bei ebm‑papst.

Denn wer KI nutze, der müsse bis zu einem gewissen Grad auch verstehen, wie sie funktioniert, was mit den Daten passiert - und wie sie gewinnbringend für das Unternehmen eingesetzt werden kann. Die wirtschaftliche Bedeutung ist enorm: „Wir werden unsere Produktivität in einigen Bereichen um bis zu 40 Prozent erhöhen können“, ist ebm‑papst-CEO Dr. Klaus Geißdörfer überzeugt. Schneller, effizienter, besser sollen viele Prozesse künftig ablaufen.

KI gehört bei ebm‑papst inzwischen auf mehreren Ebenen zum Alltag. Ob Mitarbeiter ihre Mails vom Microsoft Copilot überprüfen und umformulieren lassen oder die Entwicklungsabteilung mithilfe von Künstlicher Intelligenz Auffälligkeiten in Produkten oder Systemen erkennt – das Unternehmen nutzt die Möglichkeiten. Auch bei der Preisfindung zeigt die KI, wie gut sie mit großen Datenmengen zurechtkommt. Technik, die sich bezahlt macht. Die KI wertetVerkaufszahlen und Kundenstrukturen aus, um für jeden Markt die optimalen Preise zu ermitteln. Was früher aufwendige manuelle Prozesse erforderte, erledigt die KI heute in Sekundenschnelle. Die menschliche Kontrolle ist weiterhin von zentraler Bedeutung.

Der Einsatz von KI führt allerdings nicht automatisch zu Produktivitätsvorteilen. „Wir haben bemerkt, dass der flächendeckend ausgerollte Copilot anfangs kaum Wirkung zeigte“, sagt Eric Martin. Der KI-Assistent ist zwar in der Lage, auf ebm‑papst zugeschnittene Textvorschläge zu machen, Bilder zu generieren und ähnlich wie ChatGPT Fragen zu beantworten. Doch obwohl die Neugier in der Belegschaft groß war und viele damit experimentierten, war zugleich eine Unsicherheit zu spüren. Viele seien sich etwa nicht im Klaren darüber gewesen, wofür die mit KI generierten Texte und Bilder genutzt werden dürfen.

Die Handreichungen gibt es inzwischen: Bilder und Texte dürfen in der Regel frei verwendet werden, lautet die einfache Antwort. Schwieriger war dann die Aussage, wann zwingend der Hinweis auf die KI dazugehört.

Thematisiert wird das strukturiert in den Schulungen, die in vier Module gegliedert sind und die auf Deutsch und Englisch angeboten werden. Die Mitarbeiter lernen die Grundlagen der klassischen KI kennen, verstehen den Unterschied zur generativen KI wie ChatGPT oder Copilot und erfahren, wie diese Technologien in die Unternehmensstrategie eingebettet sind. Gestartet wurde zunächst mit rund 80 Führungskräften der oberen Ebenen. Nach deren positiven Erfahrungen wurde das Programm schrittweise ausgeweitet.

In den Schulungen wurde auch klar: Fragen zum Datenschutz treiben viele um. Werden vertrauliche Informationen womöglich nach außen getragen? Wer hat intern Zugriff auf Fragen und Antworten? „Diese Themen mussten wir erst systematisch klären“, so Eric Martin. Was Microsoft hier an allgemein formulierter Dokumentation angeboten hatte, reichte den Mitarbeitern oft nicht aus.

Die Rücksprache mit Dienstleistern und die intensive Auseinandersetzung mit dem Datenschutz brachten auch den KI- und IT-Verantwortlichen zusätzliche Sicherheit. So gelten beim Copilot nun Beschränkungen für hochsensible Daten. Sie dürfen nicht eingegeben werden, weil Microsoft aus den Dokumenten Schlüsselbegriffe herausziehen kann, die dann für die intelligente Suchfunktion genutzt werden können. „Wir arbeiten an einfachen, klaren Regeln, welche Daten im Copilot nichts verloren haben“, betont Eric Martin.

Hilfreich war auch der Austausch mit anderen Unternehmen im Heilbronner KI-Innovationspark IPAI, wo Eric Martin und drei weitereebm‑papst-Mitarbeiter vergangenes Jahr ihr Büro bezogen haben. So kam Thomas Sauer, der sich bei ebm‑papst um digitale Transformation kümmert, mit Vertretern des IT-Dienstleisters Bechtle aus Neckarsulm ins Gespräch. Die daraus entstandene Zusammenarbeit half, die Einführung des Copilot zu beschleunigen. „Wir konnten unsere Erfahrungen aus der eigenen Copilot-Nutzung mit 5.000 Anwendern einbringen“, sagt Christian Malzacher, Business Manager Modern Workplace bei Bechtle. Während die Schulungen die Grundlagen vermitteln, zeigen die gemeinsam mit Bechtle herausgearbeiteten Anwendungsfälle den Mitarbeitern zusätzliche Einsatzmöglichkeiten auf.

Ethische Aspekte – ein zentraler Bestandteil des AI Acts – spielen bei der Auswahl der KI-Tools eine wichtige Rolle. Auch im Hinblick darauf entschied sich ebm‑papst für den Microsoft Copilot. „Wenn man beispielsweise eine Auswertung der Effizienz von Mitarbeitern anfordert, verweigert das Tool diese Aufgabe. Auch diskriminierende Inhalte werden nicht erstellt“, so Eric Martin.

Die Schulungsinitiative kommt für ebm‑papst zum richtigen Zeitpunkt. Das Unternehmen nutzte die aktuelle Kurzarbeitssituation in Teilen des Verwaltungsbereichs am Stammsitz in Mulfingen und an weiteren Standorten. In Abstimmung mit der Arbeitsagentur ist es möglich, den Mitarbeitern die Weiterbildung an den Tagen anzubieten, an denen sie eigentlich freigestellt sind. Und das Angebot wurde angenommen.

Die nächsten Schritte sind geplant: Die Schulungen werden nun allen PC-Nutzern im Unternehmen angeboten. Parallel entwickelt das Team um Eric Martin weitere KI-Anwendungen zum Beispiel im Bereich Forecasting, also der Prognose von Geschäftsentwicklungen, und bei der Anomalie-Erkennung.


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